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Date: 2000-01-14

DVD-Hack: Globaler Protest gegen Repression


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[Von Australien bis Kanada haben 17 internationale Civil
Liberties Groups eine Deklaration unterschreiben, die das
gerichtliche Vorgehen der DVD-Copy Control Association
gegen jene Programmierer verurteilt, die einen Weg gefunden
haben, den Kopierschutz bei DVDs zu umgehen.

Die Deklaration wurde von quintessenz in Zusammenarbeit
mit der American Civil Liberties Union, Electronic Frontiers
Australia und anderen erstellt. Das englische Original:

http://www.quintessenz.at

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In Defense of Free Speech on the Net

Die unterzeichneten Mitglieder der "Global Internet Liberty
Capaign" (einer Koalition von weltweit mehr als 50
Bürgerrechtsgruppen) sind der Ansicht, daß die Klage der
Digital Versatile Disc Copy Control Association [DVD-CCA]
gegen duzende Personen weltweit die freie
Meinungsäusserung schwer beeinträchtigen kann.

Wir sind der Meinung, daß es den Inhabern von Rechten an
geistigem Eigentum nicht erlaubt werden darf, ihre
Eigentumsrechte auf Kosten der Redefreiheit, des legalen
Reverse-Engineerings von Software aus
Kompatibilitätsgründen und der Diskussion von technischen
oder wissenschaftlichen Themen, auszuweiten.

Die Klage der DVD-CCA steht im direkten Widerspruch zur
Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen und zur
Verfassung der Vereinigten Staaten.

DER FALL

Kurz nach Weihnachten hat die Digital Versatile Disc Copy
Control Association (DVD-CCA) in Kalifornien eine Klage
gegen Personen auf der ganzen Welt eingebracht, die
Informationen zum DVD Verschlüsselungssystem CSS oder
Verweise auf diese Information im Internet publiziert haben.

Im Kern behauptet die Klage, das Reverse-Engineering von
DVD CSS sei "unlauter" (Par. 18), "unerlaubt" (Par. 20) und
stelle eine "unrechtmäßige Aneignung von
Betriebsgeheimnissen" (Par. 21) bzw. die "unerlaubte
Verwendung von CSS Information, die auf illegale Weise
erworben wurde" (Par. 22) dar. Die DVD-CCA ist bislang
jeglichen Beweis für diese Behauptungen schuldig geblieben,
und dürfte auch vor Gericht kaum in der Lage sein sie zu
belegen.

In der Klage wird behauptet, daß die Beklagten
Geschäftsgeheimnisse und andere Rechte an geistigem
Eigentum verletzen, indem sie den Quellcode eines durch
legales Reverse-Engineering entwickelten Tools zur
Dekodierung von DVDs publizieren oder diskutieren (oder
auch nur auf andere Sites verweisen, die dieses tun).

Ganz im Gegenteil haben sich die von der DVD-CCA
angegriffenen Personen aber lediglich an einem legitimen und
grundrechtlich geschützten Meinungsaustausch über CSS
beteiligt. Dieser umfasst Software, textuelle Beschreibungen
und Diskussionen. Dabei wurden die Äußerungen in keiner
Weise aus geheimen Dokumenten der DVD-CCA kopiert
oder abgeleitet.

Das Copyright gesteht niemandem Rechte an Ideen zu,
sondern schützt lediglich die konkrete Formulierung einer
solchen. Auch betreffen die Gesetze zum Schutz von
Geschäftsgeheimnissen nur jene Personen, denen sie gegen
Zusicherung der Geheimhaltung mitgeteilt worden sind.
Jedem anderen steht es frei, die Geheimnisse selbstständig
zu entdecken.

Die im vorliegenden Zusammenhang diskutierten und
implementierten Ideen, wurden offenbar durch die Analyse
("Reverse-Engineering") eines DVD Produktes gewonnen,
was in den meisten Ländern legal ist. Der 1998 in den USA
beschlossene Digital Millennium Copyright Act enthält in
Sektion 1201(f) eine Klausel, die das Reverse-Engineering
einer Kopierschutzeinrichtung zum Zwecke der
Interoperabilität zwischen Computersystem sogar explizit
erlaubt.

Der Quelltext des Decoders, um dem es sich hauptsächlich
dreht, DeCSS genannt, wurde (von dritter Seite, nicht von den
Beklagten) geschrieben, um DVD-Laufwerke und Inhalte auch
unter dem Betriebssystem Linux nutzen zu können, für das
die Industrie selbst nicht die nötige Treiber anbietet.

In der Klageschrift stellt die DVD-CCA jedoch die höchst
fragwürdige Behauptung auf, daß der eigentliche Zweck des
Quellcodes darin bestehe, illegales Kopieren von DVDs zu
ermöglichen.

Experten wie Eric S. Raymond zufolge hat CSS gar nichts
mit Kopierschutz zu tun. Wie auch die DVD-CCA weiß,
können DVDs auf andere Art dupliziert werden, DeCSS wird
nicht dazu benötigt. Die Idee, daß DeCSS eine Rolle in der
Verteilung von raubkopierten Filmen über das Internet spielen
soll, ist absurd. Mit einem aktuellen Modem würde die
Übertragung eines Filmes über eine Woche dauern.

DER WAHRE HINTERGRUND

Das eigentliche Ziel der CSS-Technik und dieser Klage
besteht darin zu verhindern, daß Filme, die in einem Teil der
Welt gekauft wurden, auf DVD-Geräten in einem anderen Teil
abgespielt werden können. Die Filmindustrie befürchtet
schlicht einen Verdienstentgang, wenn ein in den USA auf
DVD verfügbarer Film in Europa, Asien oder Südamerika
bereits mit DVD-Spielern betrachtet werden kann, bevor er
dort in die Kinos kommt. (Daher hat die Filmindustrie auch
kürzlich von den Herstellern von DVD-Hardware verlangt, daß
sie die Produktion und den Verkauf von Playern einstellen,
die in der Lage sind DVDs aus allen Teilen der Welt
abzuspielen.)

Die DVD-CCA verkauft auch Lizenzen an die Hersteller von
DVD Hard- und Software, die das Abspielen von DVDs auf
Mac und Windows Computern erlaubt. DeCSS und verwandte
Projekte ermöglichen die Entwicklung von DVD-Playern als
Freeware, welche in Konkurrenz zu den kommerziellen
Produkten treten und die Lizenzeinahmen und Profite der
Hersteller schmälern würden.

UNSERE MEINUNG

Die hier unterzeichneten Mitgleider der Global Internet Liberty
Campaign glauben, daß diese Klage negative Auswirkungen
auf die Redefreiheit haben kann. Unserer Meinung nach steht
die Handlungsweise der DVD-CCA in direktem Widerspruch
zur Menschenrechtskonvention und zur Verfassung der USA,
da die Programmierer nur legal erworbene Information
veröffentlicht haben.

Wir protestieren auch gegen den Versuch der DVD-CCA, die
Unterscheidung zwischen der Publikation von Material auf
dem eigenen Webserver und dem bloßem Verweisen auf
externe Quellen zu verwischen. Wenn das ursprüngliche
Reverse-Engineering, wie wir meinen, legal war, dann wohl
auch die spätere Verbreitung dieser Information.

Die Vorgehensweise der DVD-CCA erzeugt den Eindruck,
daß sie glaubt, kleine Leute rasch gefügig machen zu
können, indem sie ihnen ihre Anwälte auf den Hals hetzt.

Wir sind der Meinung, daß es den Inhabern von Rechten an
geistigem Eigentum nicht gestattet werden darf, ihre Rechte
auf Kosten der Redefreiheit auszudehnen - insbesondere
dann nicht, wenn es darum geht zu erklären, auf welche
Weise Konzerne die Verbreitung von wissenschaftlichen
Erkenntnissen behindert haben.

Wir glauben, daß die DVD-CCA versucht, unter dem
Deckmantel des Urheberrechtes, die freie Meinungsäußerung
im Cyberspace zu untergraben.

UNTERSCHRIFTEN

American Civil Liberties Union http://www.aclu.org

Canadian Journalists for Free Expression http://www.cjfe.org

Computer Professionals for Social Responsibility
http://www.cpsr.org

Cyber-Rights & Cyber-Liberties (UK) http://www.cyber-
rights.org

Derechos Human Rights http://www.derechos.org

Electronic Frontiers Australia http://www.efa.org.au

Electronic Frontier Canada (EFC) http://www.efc.ca

Electronic Privacy Information Center http://www.epic.org

FITUG e.V. http://www.fitug.de

Fronteras Electronicas España (FrEE)
http://www.arnal.es/free

Index on Censorship http://www.indexoncensorship.org

Internet Freedom http://www.netfreedom.org

IRIS (Imaginons un reseau Internet solidaire, France)
http://www.iris.sgdg.org

NetAction http://www.netaction.org

Privacy International http://www.privacyinternational.org

quintessenz http://www.quintessenz.at

VIBE http://www.vibe.at



WEITERE INFORMATION

The Global Internet Liberty Campaign http://www.gilc.org

Factsheet from Opendvd.org
http://www.opendvd.org/journalists.html

Fascmile of the complaint for injunctive relief for
misappropration of trade secrets by DVD-CCA
http://www.lemuria.org/DeCSS/dvd-v-500.htm

Wired article
http://www.wired.com/news/business/0,1367,33303,00.html

San Jose Mercury
http://www.sjmercury.com/svtech/news/indepth/docs/dvd1229
99.htm

Eric S. Raymond on the Case
http://www.opendvd.org/esr.html

German language analysis
http://futurezone.orf.at/futurezone.orf?read=detail&id=13421
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edited by Harkank
published on: 2000-01-14
comments to office@quintessenz.at
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