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              | Date: 2000-01-28 
 
 Die rechtlichen Konsequenzen des DeCCS-Falls-.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
 
 Christiane Schulzki-Haddouti 28.01.2000
 
 Interview mit Axel Horns: "Die freie öffentliche Erörterung der
 Schwächen kryptographischer Verfahren muss weiter
 möglich bleiben."
 
 
 
 
 Ein Interview mit Axel Horns, Förderverein
 Informationstechnik und Gesellschaft (FITUG), zu den
 rechtlichen Konsequenzen des DeCCS-Falls und der Frage,
 wie deutsche Richter in diesem Fall entschieden hätten. Eine
 der Antworten lautet, dass das Reverse-Engineering von DVD-
 CSS Software nach deutschem Recht nur zu Zwecken der
 Interoperabilität zulässig wäre. Doch passt die Denkwelt des
 Dekompilations-Praragraphen des Urheberrechtsgesetzes
 überhaupt noch zu der Lebenswirklichkeit der Open Source-
 Szene?
 
 Ist Reverse Engineering von Software in Deutschland legal?
 
 
 Axel Horns: Reverse Engineering von Software durch
 "Dekompilierung" ist in Deutschland und - da diese Regelung
 EU-weit harmonisiert worden ist - in der ganzen EU
 grundsätzlich verboten.
 
 
 Das heißt, es gibt Ausnahmen von der Regel?
 
 
 Axel Horns: Ja. Aber die Ausnahme ist ausschliesslich die
 Herstellung von Interoperabilität mit anderen Programmen.
 
 
 Was bedeutet das für DeCCS?
 
 
 Axel Horns: Hier führt dies zu einem Konflikt zwischen der
 gesetzlich fixierten Freiheit des Käufers einer DVD, im
 Rahmen der Schranken des Urheberrechtes über sein
 Kaufstück frei verfügen und beispielsweise mit einer freien
 Linix-Software nutzen zu können und dem ebenso gesetzlich
 garantierten Schutz als Firmware in DVD-Playern
 implementierten technischen Mechanismen andererseits. Bei
 DVD geht es um CSS, die es der Medienindustrie
 ermöglicht, den Endkunden wirksam von der Ausübung
 bestimmter Nutzungsfreiheiten abzuhalten.
 
 
 Worauf muss man jetzt bei der Analyse achten?
 
 
 Axel Horns: Man muss zwei Ebenen unterscheiden: Nämlich
 zum einen die Betrachtung der faktisch gegebenen
 rechtlichen Ausgangslage und den rechtspolitischen
 Forderungen und Konsequenzen zum anderen. Zunächst
 muss es um die gegebene Rechtslage gehen.
 
 
 Welches Ziel verfolgt die DVD-Lobby?
 
 
 Axel Horns: Nun steht ja der DVD-Fall primär unter dem
 Aspekt der Herstellung von Interoperabilität: Man möchte
 einen freien Linux-DVD-Player bauen, der DVDs
 insbesondere ohne Berücksichtigung von Regionalcodes
 abspielt. Genau dies will die Medienindustrie verhindern, da
 sie in der Regionalisierung des DVD-Marktes eine
 wesentliche Vorbedingung für die zeitversetzte globale
 Vermarktung von Inhalten sieht. Da es derzeit keine Gesetze
 gibt, die den Regionalcode einklagbar machen, soll dieser
 durch technische Mittel, eben das CSS, durchgesetzt
 werden.
 
 
 Handelt es sich bei DeCCS um ein Raubkopierprogramm,
 wie die US-amerikanischen Kläger behaupten?
 
 
 Axel Horns: Objektiv kann das Ergebnis des DVD-CSS
 Reverse-Engineering-Prozesses theoretisch aber auch über
 die Herstellung von Interoperabilität hinaus dazu genutzt
 werden, um etwa DVD-CSS-geschützte Inhalte zu
 entschlüsseln und auf andere Medien kopieren zu können,
 zum Beispiel auf Festplatte oder auf normale CDs. Ob eine
 derartige Vorgehensweise zwecks Herstellen von Raubkopien
 bei dem derzeitigen Stand der Speichertechnik überhaupt
 wirtschaftlich attraktiv wäre, steht auf einem ganz anderen
 Blatt.
 
 
 Ist CSS ein Kopierschutz?
 
 
 Axel Horns: Im engeren Sinne ist CSS jedenfalls sicher kein
 Kopierschutz. Denn eine Eins-zu-Eins-Vervielfältigung einer
 verschlüsselten DVD kann jeder vornehmen, der über die
 entsprechende DVD-Herstellungstechnik verfügt, ohne den
 Inhalt entschlüsseln zu müssen.
 
 
 Gibt es hierzu bereits einschlägige Urteile?
 
 
 Axel Horns: Auch einem aktuellen Urheberrechtsgesetz-
 Kommentar entnehme ich keinerlei Rechtsprechung zu
 Einzelproblemen des Software-Reengineering. Diese Art von
 Fragestellungen hat früher in der Praxis einfach keine so
 große Rolle gespielt. Der Kommentar betont aber, dass die
 Herstellung von Interoperabilität nur die Herstellung einer
 Schnittstelle von Software zu Software, nicht aber zwischen
 Software und Hardware priviligiert. Auch geht aus dem
 Gesetzeswortlaut klar hervor, dass die durch die
 Dekompilation gewonnenen Informationen ausschliesslich
 insoweit weitergegeben werden dürfen, als sie zur Erzielung
 der Interoperabilität nötig sind. Eine pauschale
 Veröffentlichung des Ergebnisses einer Dekompilierung
 beispielsweise über das Internet wird daher wohl unzulässig
 sein.
 
 Das ganze Interview
 http://www.telepolis.de/tp/deutsch/inhalt/te/5728/1.html
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 edited by Harkank
 published on: 2000-01-28
 comments to office@quintessenz.at
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