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              | Date: 2001-12-06 
 
 Experiment desillusioniert Mitarbeiter-Ueberwacher-.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
 
 Ein Packerl Hausverstand und Bauernschläue hätte auch gereicht,
 aber ohne Wissenschafts-Stempel glaubt ja niemand irgendwem
 auch nur das Datum. Bitte sehr, frisch serviert:
 
 Wer seine Mitarbeiter computerüberwacht, tötet deren Arbeitsmoral.
 Über ein einschlägiges Experiment berichtet Telepolis heute.
 (Wie war das unlängst mit dem Überwacher-Wunsch nach einem 'Aquarium?"
 http://archiv.quintessenz.at/archiv/msg01768.html) Vielleicht
 verstehen es wenigstens die Unternehmer - wenn es an ihre eigene
 Brieftasche geht.
 
 Universitäre Argumente waren in .AT aber gar nicht nötig, um zum
 selben Ergebnis zu gelangen: In der Novembernummer des Industrie-
 Magazins lautete die Conclusio zu SurfControl und Komplizen:
 Die Kontrollwut ist ein Spiegelbild des Management-Stils.
 
 So gehet hin und predigt dem polit-freien Kommerz:
 Wer ein totalüberwachtes Aquarium will, der muss es putzen
 und befehligt Fische, die sich nach der Strömung richten...
 
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 Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser
 
 (by Florian Rötzer)
 
 Elektronische Überwachung von Computerarbeitsplätzen steigert nach
 einer Studie nicht die Leistung, sondern führt nur zur Anpassung
 an das unbedingt Notwendige
 
 Wenn schon die technischen Möglichkeiten vorhanden sind, so könnte
 auf den ersten Blick die Idee vernünftig sein, zur Förderung der
 Produktivität die Angestellten auf Schritt und Tastendruck zu
 überwachen. Das empfehlen natürlich die Unternehmen, die etwa die
 entsprechende Software herstellen, um beispielsweise die Arbeit
 der Angestellten am Computer und deren Benutzung des Internet zu
 kontrollieren (  Angestellte lieben das Internet).
 
 Seit die Angestellten nicht mehr abgeschieden in ihren Büros sitzen,
 sondern sich über das Internet mitten in der Öffentlichkeit befinden,
 die in die Büros hineinragt, haben sie auch weitaus mehr Möglichkeiten,
 irgendwelchen nicht mit ihrer Arbeit zusammenhängenden Tätigkeiten,
 Nebenjobs und Vergnügungen nachzugehen. Das kann nicht nur die
 Produktivität herabsetzen und Kosten verursachen, sondern auch
 Konflikte mit dem Gesetz heraufbeschwören, wenn die Angestellten etwa
 Kinderpornografie aus dem Netz herunterladen.
 
 Große Verluste, so stellen die Anbieter von Überwachungssoftware fest,
 entstehen durch die Online-Beschäftigungen den Arbeitgebern, die
 deswegen besser kontrolliert werden sollen. Das machen denn auch viele
 Unternehmen in den USA, die dem Spruch verfolgen: Vertrauen ist gut,
 Kontrolle ist besser. Wenn nicht nur Filter vorgeschaltet sind, um die
 Surftouren während der Arbeitszeit im Zaum zu halten, sondern der
 Kontrolleur den Arbeitgeber permanent beobachtet, dann müsste der doch
 auch effizienter und weniger abgelenkt arbeiten.
 
 In einem Experiment haben  Jeffrey Stanton von der Syracuse University
 und Amanda Julian von Somerville and Company herausgefunden, wie
 New Scientist in seiner neuesten Ausgabe berichtet, dass elektronische
 Überwachung keineswegs die Effizienz fördert, sondern die Produktivität
 eher herabsetzt.
 
 Bei dem Experiment wurden 134 Versuchspersonen gebeten, Daten auf einem
 Computer zu korrigieren. Man sagte ihnen, dass ihre Arbeit hinsichtlich
 ihrer Qualität und ihrer Quantität überwacht werde. Während der Arbeit
 wurden auf dem Bildschirm allerdings Hinweise automatisch eingeblendet,
 die die Versuchspersonen glauben lassen sollten, sie würden eher im
 Hinblick auf Qualität statt auf Quantität oder umgekehrt überprüft.
 
 Das ist gegenüber der normalen elektronischen Überwachung eine Vereinfachung,
 bei der der Angestellte normalerweise nicht weiß, was wann nach welcher
 Hinsicht kontrolliert wird. Offenbar versuchten aber auch schon die
 Versuchspersonen ordentlich zu arbeiten, indem sie sich nach den
 vermeintlichen Vorgaben richteten. Wurde augenscheinlich Qualität gemessen,
 wurden sie genauer, aber langsamer, ging es angeblich um Quanität, so
 erhöhten sie die Geschwindigkeit auf Kosten der Qualität.
 
 Die Angestellten sehen einen überwachten Computerarbeitsplatz nach Stanton
 als eine Verkörperung der Arbeitgeberstrategie. Sie passen sich dieser an
 und machen, was in ihren Augen verlangt wird, aber damit ist dann auch
 Schluss. Mit dem Verlust der Selbständigkeit durch die Überwachung geht
 gewissermaßen auch die interne und selbstbestimmte Arbeitsmoral verloren.
 Stanton ist der Meinung, dass auch andere Überwachungsmethoden wie
 Videokameras oder Bewegungsmelder auf dieselbe Art wirken. In diesem Sinne
 könnte also Vertrauen in die Selbstbestimmung der Angestellten eher die
 Produktivität erhöhen, als eine durch Überwachung erzwungene Loyalität
 von Sklaven. Ausnahmen müssen dem ebenso wenig widersprechen wie
 gelegentliche Ausflüge in die weite virtuelle Welt am Arbeitsplatz, die
 möglicherweise nur als notwendige Entspannungsphasen dienen. Und überdies
 ist einfach einleuchtend, dass Arbeit mehr Spaß mehr macht, wenn man nicht
 unter Dauerbeobachtung steht und so ganz realistisch eine Paranoia
 entwickeln muss ...
 
 Volltext unter:
 http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/lis/11287/1.html
 Ne Scientist:
 http://www.newscientist.com/
 Jeffrey Stanton:
 http://web.syr.edu/~jmstanto/index.html
 
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 Spiegel des Managements
 
 Die Produktivitätsverluste durch im Internet surfende und spielende
 Mitarbeiter gehen in die Milliarden, sagen die Hersteller von Filter-
 und Kontrollsoftware. Die Zahlen sind zweifelhaft - meist liegt eher
 ein Managementdefizit als ein Internetproblem vor.
 
 [...]
 
 Auch wenn es, wie Eva Angerler von der Gewerkschaft der Privatangestellten
 bestätigt, "leider viele Chefs mit einem ausgeprägten Kontrollbedürfnis
 gibt", bietet das soziale Umfeld bei kleineren Betrieben die Chance,
 auf derlei Methoden überhaupt zu verzichten. Wird die Arbeitsleistung
 durch individuelle Zielvorgaben geregelt, fiele vielfach die Notwendigkeit,
 die Mitarbeiter im Internet an die Kandare zu nehmen. "Gerade wenn
 wünschenswerte Lerneffekte und Motivation von den Kosten überstiegen werden,
 ist Filtering ein Armutszeugnis fürs Management", sagt Angerler.
 
 
 Artikel im Industriemagazin:
 http://www.industriemagazin.at/e_conomy/detailecom.asp?ArtikelID=20791&Anz=default
 
 
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 relayed by:  bademeister@quintessenz.at
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 edited by Harkank
 published on: 2001-12-06
 comments to office@quintessenz.at
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